Was bedeutet fiktive Abrechnung?
Wird bei einem Unfall ein Fahrzeug beschädigt und liegt kein Totalschaden vor, hat der Geschädigte gegenüber dem Unfallverursacher (bzw. dessen Haftpflichtversicherung) grundsätzlich ein Wahlrecht, ob er den Fahrzeugschaden tatsächlich reparieren lässt und für die Reparaturkosten eine Rechnung vorlegt (konkrete Abrechnung) oder ob er den Schaden auf der Basis eines Gutachtens oder eines Kostenvoranschlages beziffert, also die von einem Gutachter ermittelten Reparaturkosten geltend macht (fiktive Abrechnung). So wird bei einer fiktiven Abrechnung die Mehrwertsteuer nur noch erstattet, wenn sie auch tatsächlich angefallen ist und nachgewiesen wird.
Sollten allerdings die Reparaturkosten oberhalb von 50% des
Wiederbeschaffungswertes liegen, so kann der Versicherer auch die
wirtschaftlichere Abrechnung wählen.
Repariert jemand sein Fahrzeug in Eigenreparatur und rechnet auf Gutachtenbasis ab, dann erhält er die im Gutachten ausgewiesene Mehrwertsteuer nicht erstattet. Ist jedoch tatsächlich Mehrwertsteuer angefallen, so ist diese auch zu erstatten.
Wer bei einer Eigenreparatur beispielsweise Ersatzteile einkauft und in dem Kaufpreis Mehrwertsteuer enthalten ist, erhält diese gegen Vorlage der Rechnung erstattet.
Eine weitere Grenze bei fiktiver Schadensabrechnung setzt die Rechtsprechung, wenn ein Fahrzeug vom Geschädigten nicht weiter benutzt sondern verkauft wird. Dabei ist es egal, ob das Fahrzeug unrepariert oder repariert weiter verkauft wird. Wird das Fahrzeug vom Geschädigten nicht weiter genutzt, erhält er maximal die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert zugesprochen.
Beispiel: Wiederbeschaffungswert: 19.000.- €, Restwert 7.000.- €, fiktive Reparaturkosten 14.000.- €.
Wird ein Reparaturnachweis nicht erbracht, kann der Geschädigte nicht die fiktiven (durch Gutachten ermittelten) Reparaturkosten in Höhe von 14.000.- € fordern sondern lediglich die Differenz aus Wiederbeschaffungswert und Restwert, also 12.000.- €.
Damit wird der Geschädigte wirtschaftlich so gestellt wie vor dem Unfall, wo er für ein vergleichbares Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt 19.000.- € hätte bezahlen müssen.
Von der Versicherung hat der Geschädigte 12.000.- € erhalten. Zusammen mit dem Restwert des Fahrzeuges von 7.000.- € hat er wirtschaftlich wieder 19.000.- €.
Wird ein Fahrzeug vom Geschädigten weiter genutzt (repariert oder auch nicht repariert), kann er die Reparaturkosten (ohne Abzug des Restwertes) nach Gutachten verlangen, wenn diese (einschließlich Minderwert) geringer sind als der Wiederbeschaffungswert.